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PRESSEKONFERENZ

 

Zeit: Donnerstag, 9. Dezember 2021 | 10:30 bis 12:30 Uhr

Ort: Live-Stream auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=l7lTpe4Cp5E#t=00m20s

Anmeldung: für Pressevertreter/innen: info@kulturbrueckehamburg.de oderinfo@mideastfreedomforum.org 

Im Fokus werden die Menschenrechtsverletzungen im Iran stehen, vor allem Ebrahim Raisi als neu „gewählter“ iranischer Präsident mit seinen Verbrechen, die er in den letzten 43 Jahren begangen hat.

Das gemeinsame Ziel ist es, den Menschenrechtsverletzungen im Iran ein stärkeres Gehör in der EU-Politik zu verschaffen und den Betroffenen eine größere Plattform zu geben. Aus diesem Grund rufen die International Women in Power, das Mideast Freedom Forum Berlin und Menschenrechte-Einundzwanzig e.V. die PolitikerInnen Deutschlands und Europas auf: Verteidigen Sie die Rechte der Frauen und Mädchen im Iran, die derzeit unter dem Scharia-Recht leben müssen, und retten Sie die Menschen vor der Gewalt durch das iranische Regime unter der Herrschaft Raisis. Für die IranerInnen geht es in ihrem Land um Leben und Tod!

Es diskutieren:

  • Frau Hourvash Pourkian, Initiatorin von International Women in Power
  • Frau Dr. Afsar Sattari, Menschenrechte-Einundzwanzig e.V.
  • Herr Dr. Matthias Küntzel, Politikwissenschaftler und Publizist
  • Frau Dr. Ulrike Becker, Mideast Freedom Forum Berlin
  • Frau Dr. Narges Eskandari-Grünberg, Bürgermeisterin Frankfurt, selbst als Opfer betroffen
  • Frau Professorin Parastou Forouhar, Universität Mainz, Künstlerin, selbst betroffen
  • Frau Mina Ahadi, Menschenrechtsaktivistin
  • Herr Dr. Kazem Moussavi, Sprecher der Grünen Partei Irans
  • Herr Hamid Ashtari, Bericht über den laufenden Prozess gegen Hamid Nouri in Stockholm wg. seiner Beteiligung an Massenhinrichtungen im Iran 
  • Frau Shiva Mahbobi, Bericht über das Internationale Iran Tribunal in London

 

Ziele und Fakten:

  • Bericht über die Menschenrechtsbilanz im Iran

  • Forderungen an die Politik: Kein "Weiter wie bisher" mit dem brutalen Mullah-Regime

Virtuelle Pressemappe

Zur Pressekonferenz werden die einladenden Organisationen International Women in Power, Mideast Freedom Forum Berlin und Menschenrechte-Einundzwanzig e.V. gemeinsame Forderungen an die Bundesregierung präsentieren (siehe unten).

Das Mideast Freedom Forum hat ein Policy Paper mit Vorschlägen für eine neue Iran-Politik erstellt:
"Plan B für eine neue Iranpolitik" (Link zum PDF)

Menschenrechte Einundzwanzig hat eine Menschenrechtsbilanz erstellt, die Sie hier herunterladen können (PDF).

Deutsche Version

Englische Version

Persische Version

Französische Version

Statement von Afsar Sattari (PDF)

Informationen zum Aban-Tribunal: https://abantribunal.com

 

„Menschenrechte und Iran“ – Forderungen an die neue Bundesregierung

Angesichts systematischer und schwerster Menschenrechtsverbrechen im Iran, sowohl in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart, appellieren die Organisationen „International Women in Power“, „Menschenrechte Einundzwanzig“ und das „Mideast Freedom Forum Berlin“ an die neue Bundesregierung:

  1. Wir fordern, dass Deutschland sich der Forderung von Amnesty International und dem UNO-Sonderberichterstatter für Iran, Javaid Rehman, anschließt, dass gegen den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi wegen seiner Beteiligung an vergangenen und laufenden  Verbrechen nach dem Völkerrecht ermittelt wird. Wir fordern, dass die Bundesregierung die Einrichtung einer internationalen Untersuchungskommission unterstützt, die die Massenhinrichtungen von 1988 untersucht.
     
  2. Wir fordern, dass die Bundesregierung die exzessiven und systematischen Verletzungen der Menschenrechte in Iran nicht länger als „prekäre Menschenrechtslage“ verharmlost, wie dies im neuen Koalitionsvertrag geschieht, sondern öffentlich und entschieden verurteilt.
     
  3. Wir fordern, dass die Bundesregierung auf Hinrichtungen und Folter von Oppositionellen mit unmittelbaren Sanktionen gegen die Verantwortlichen reagiert, vor allem mit Einreiseverboten in die EU und nach Deutschland und durch das Einfrieren von Geldern.
     
  4. Wir fordern, dass sich die Bundesregierung nicht nur mit den Demokraten in Belarus solidarisiert, sondern auch für den Iran erklärt: „Wir stehen an der  Seite der Menschen [im Iran] und unterstützen ihren Wunsch nach Neuwahlen, Demokratie, Freiheit sowie Rechtsstaatlichkeit und fordern die bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen.“
     
  5. Wir fordern darüber hinaus, dass die Bundesregierung relevante Vertreterinnen und Vertreter der iranischen Opposition und insbesondere der Frauenrechtsbewegung zu Sondierungsgesprächen und zu öffentlichkeitswirksamen Manifestationen einlädt.

Statement von Hamid Ashtari zum Prozess gegen Hamid Nouri

Das Statement von Hr. Ashtari wurde am 3.12. aufgenommen. Sie können es im persischen Original hier als Video sehen: https://www.youtube.com/watch?v=CmYkqjQqZsA


Guten Tag - Ich möchte kurz ein paar Punkte zum Prozess in Stockholm, bekannt wegen der Gerichtsverhandlung gegen Hamid Nouri oder Hamid Abbasi erwähnen.

Aufgrund einer Klage, die Herr Iraj Mesdaghi und ich 2019 beim Stockholmer Gericht erhoben hatten, hat der Staatsanwalt von Stockholm Hamid Nouri beim Betreten des schwedischen Bodens unter dem Verdacht der Beteiligung an der Massenhinrichtung im Iran im Jahr 1988 verhaften lassen. Die Gerichtsverhandlung begann zwei Jahre später in Stockholm.

Dazu muss ich Folgendes erklären: Im Jahre 1988, nach dem Ende des Kriegs zwischen Iran und Irak, erließ Khomeini, der damalige Führer Irans, eine geheime Anweisung (Fatwa) an eine Sonderkommission zur Durchführung der Hinrichtung der politischen Gefangenen im ganzen Iran. Darin begründete er seine Anweisung wie folgt: Da zu der Zeit die oppositionelle Gruppe Mudschaheddin in den Grenzgebieten Krieg gegen die Regierung geführt hätte, sollten die Anhänger dieser Gruppe in den politischen Gefängnissen Irans, die diese Gruppe weiterhin unterstützten, erneut vor Gericht gestellt werden. Solange sie an ihren politischen Positionen festhielten sollten sie zum Tode verurteilt werden.

Die Sonderkommission bestand u.a. aus Juristen, die Scharia-Richter waren. Die Gerichtsverhandlungen dauerten jeweils zwei bis drei Minuten und die Gefangenen wurden mit drei Fragen konfrontiert. Diese lauteten: Glauben Sie weiterhin an die Partei, in der Sie vorher politisch aktiv waren? Beten Sie täglich? Glauben Sie an Gott? Eine einzige falsche Antwort aus Sicht der Scharia-Richter führte zur Hinrichtung.

Da die Regierung selbst merkte, dass es sich dabei um ein großes Verbrechen handelte, wurden die Gerichtsverhandlungen und die darin involvierten Akteure streng geheim gehalten. In den Gefängnissen hatten sie diese Kommission die „Amnesty Kommission“ genannt, auf Seiten der politischen Gefangenen wurden sie „Mordkommission“ genannt.

Im August und September 1988 betrug die Anzahl der Opfer mindestens 3.800 politische Gefangene im ganzen Iran, soweit wir sie bisher registriert haben, weil wir noch nicht die Namen aller Opfer finden können. Im August wurden die Anhänger der Gruppe Mudschahedin und im September die Anhänger der linksgerichteten Gruppierungen und Marxisten durch die Urteile der Mordkommission hingerichtet.

Es ist zu erwähnen, dass das Gerichtsverfahren gegen Hamid Nouri angesichts der Vielzahl von  Beschwerden von Anklägern und Zeugen noch weiterläuft. Es haben bisher 47 Prozesstage stattgefunden. Bei den letzten sechs Verhandlungsterminen hat Hamid Nouri selbst die Gelegenheit gehabt sich zu verteidigen. In all seinen Aussagen, trotz der im Gericht präsenten Ankläger oder ihrer Familien, hat er die Beschwerden zurückgewiesen, die Existenz der politischen Gefangenen bestritten, die Massenhinrichtung von 1988 verleugnet, geleugnet, dass es eine Fatwa Khomeini gab. Dabei hat er die mittlerweile veröffentlichte Audioaufnahme eines Gespräches zwischen zwei Personen des islamischen Machtapparats, darunter Ayatollah Montazeri, als Lüge bezeichnet. Montazeri sprach mit dieser Sonderkommission, um sie von dieser Massenhinrichtung abzubringen.

Es ist interessant, dass Hamid Nouri in seinen Aussagen zugab, dass im Iran in allen Aspekten gemäß islamischer Gesetze und Bestimmungen verfahren werde, dass die Tortur und Peitsche unter dem Namen „Taasir“ in iranischen politischen Gefängnissen existiere, dass die Gefangenen innerhalb der Gefängnisse in Einzelzellen als Exilort eingesperrt worden waren oder ihnen Treffen mit ihren Familien verwehrt worden waren und er auch über manche anderen Arten der Folter in den Gefängnissen Irans in den letzten Jahren sprach.

Wir hoffen, dass mit dem Abschluss dieses Gerichtsverfahrens die Möglichkeit zur Eröffnung weiterer Gerichtsverhandlungen gegen ähnliche iranische Personen in Europa gegeben sein wird.

Wie Sie wissen, war Raisi, der gegenwärtige Präsident Irans, eines der Mitglieder dieser Mordkommission und einer der Scharia-Richter dieser Massenhinrichtung. In einem seiner ersten Interviews mit den Medien nach seiner Wahl zum Präsidenten Irans hat er selbst zugegeben, dass er in diese Hinrichtungen verwickelt war und verlangt, dass er dafür gelobt werden solle.

Wir erwarten, dass dieses Gerichtsverfahren im Jahre 2022 abgeschlossen wird und wir hoffen, dass wir es schaffen, basierend auf dem relevanten Urteil, alle Personen vor Gericht zu bringen, die in den letzten 43 Jahren beteiligt daran waren, das iranische Volk zu töten und dies auch weiter tun.

Im Prinzip ist das der erste Erfolg der nach „Gerechtigkeit strebenden Bewegung Irans“. Insofern halten wir das Gerichtsverfahren gegen Hamid Nouri für das iranische Volk und für diese Bewegung für sehr, sehr wichtig.

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Hamid Ashtari, 3. Dezember 2021
Übersetzt von Afsar Sattari

 

Statement von Dr. Matthias Küntzel

Am diesjährigen internationalen „Tag der Menschenrechte“ kommt mit der Ampelkoalition erstmals eine Bundesregierung ins Amt, die die Verteidigung der Menschenrechte zum „Kompass“ ihrer Außenpolitik erklärt, was wir selbstverständlich begrüßen.

Wenn wir uns aber den soeben unterzeichneten Koalitionsvertrag anschauen, stellen wir fest, dass dieser „Kompass“ bei einer der größten außenpolitischen Herausforderungen für die neue Regierung – dem  Themenkomplex „Iran“ – unbeachtet blieb. Zwar votierten alle Parteien der Ampelkoalition noch im Juni dieses Jahres für einen Antrag mit dem Titel: „Menschenrechte ins Zentrum der Iranpolitik stellen“. Sie forderten, dass die „menschenrechtliche Situation … bei der Ausgestaltung unserer Beziehungen zu Iran immer mitgedacht“ wird. Und jetzt? Ein halbes Jahr später scheint die Ampel-Koalition diesen Vorsatz vergessen zu haben.

Erstens wird im Iran-Abschnitt des Koalitionsvertrages die iranische Bevölkerung, um deren Rechte es geht, nicht mal erwähnt. Zwar heißt es hier über Belarus: „Wir stehen an der  Seite der Menschen … und unterstützen ihren Wunsch nach Neuwahlen, Demokratie, Freiheit sowie Rechtsstaatlichkeit.“ Doch warum fehlt diese Aussage beim Thema Iran? Soll hier auch weiterhin der Dialog mit den Schlächtern Vorrang haben vor der Solidarität mit den Opfern dieses Regimes?

Zweitens wird im Koalitionsvertrag mit der Formulierung, im Iran herrsche eine „prekäre Menschenrechtslage“ der reale Terror verharmlost. Wir fordern  von der neuen Bundesregierung, dass sie, anstatt die Situation zu beschönigen, die Menschenrechtsverbrechen des Regimes klar benennt und verurteilt.

Drittens halten wir es für eine Illusion, wenn es im Koalitionsvertrag heißt: „Wir erwarten von der iranischen Regierung eine deutliche Verbesserung der prekären Menschenrechtslage und die Freilassung aller politischer Gefangenen.“ Denn gerade daran ist das Regime von Ebrahim Raisi nicht interessiert. Stattdessen ist es notwendig, für die Wiederherstellung der Menschenrechte auch mit den Instrumenten der Außenpolitik zu kämpfen und dafür zu sorgen, dass die Folterknechte und ihre Auftraggeber nicht straflos davonkommen. Der Koalitionsvertrag fordert, dass „Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen weltweit beendet werden (muss)“. Dies muss auch und insbesondere für die Machthaber Irans gelten.

Wir fordern deshalb die neue Bundesregierung und insbesondere Frau Baerbock, die neue Außenministerin auf,

  • die von Amnesty International angeschobene Kampagne zu unterstützen, die eine internationale Untersuchung der vom iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi begangenen Menschenrechtsverbrechen fordert;
     
  • dafür zu  sorgen, dass nicht nur die EU, sondern auch Deutschland nach dem Vorbild des Magnitzky Act gezielt diejenigen Einzelpersonen und Organisationen sanktionieren kann (Reiseverbote, Einfrieren von Geldern) die für schwerste Menschenverbrechen verantwortlich sind;
     
  • innerhalb des Auswärtigen Amts eine verbindliche und öffentlich bekannte Anlaufstelle für Iran-Dissidenten und verfolgte Iranerinnen und Iranern zu etablieren, die die Menschenrechtsverbrechen im Iran systematisch erfasst und regelmäßig dokumentiert;
     
  • die protestierende Bevölkerung Irans durch öffentliche Unterstützungserklärungen zu stärken, sich offen mit der iranischen Zivilgesellschaft und insbesondere der Frauenrechtsbewegung zu solidarisieren und relevante Vertreterinnen und Vertreter der iranischen Opposition zu Sondierungsgesprächen und Vorbereitung von Kongressen einzuladen.

„Beenden Sie ihrem Kuschelkurs mit diesem Regime“, rief 2020 ein FDP-Abgeordneter der Regierung der Großen Koalition zu. Mit der neuen Regierung besteht eine Chance, dieser Aufforderung  zu folgen und Deutschlands Iranpolitik mithilfe des Kompasses „Menschenrechte“ tatsächlich neu zu justieren. Doch wird die neue Regierung diese Chance auch nutzen?

Statement von Dr. Afsar Sattari über Menschenrechtsverletzungen im Iran und Ebrahim Raisi

Guten Tag meine Damen und Herren,

wenn wir über die Unterdrückung im Iran sprechen wollen, sollten wir vor allem über die Rolle des gegenwärtigen Präsidenten Irans, Herrn Ebrahim Raisi, sprechen.

Zunächst kurz über ihn und seine Sichtweisen: Nach der 5. Klasse in der Grundschule besuchte er die Theologische Hochschule von Ghom, gilt als ultrakonservativ und ist Mitglied einiger klerikal-konservativer Vereinigungen gewesen und ist ein Befürworter der Geschlechtertrennung und der Todesstrafe. Zudem unterstützt er die Islamisierung der Universitäten und die Zensur im Internet, gilt als israel- und amerikafeindlich sowie ablehnend gegenüber der westlichen Kultur.

Aufgrund seiner Positionen in der iranischen Judikative und Exekutivgewalt seit 1981 bis zum heutigen Tag, hat er als eine prominente Persönlichkeit leider sehr viel zur Missachtung der Menschenrechte im Iran beigetragen. Gestatten Sie mir meine Gründe dafür zu erwähnen.

Seine Zuständigkeiten in dieser Zeit lauteten: Staatsanwalt in einigen kleinen Städten, Vorsitzender des staatlichen Generalinspektionsbüros, erster stellvertretender Chefrichter, Ankläger am Sondergericht für die Geistlichkeit, Generalstaatsanwalt, Verwaltungsschreiber und stellvertretender Sprecher im Expertenrat und auch Chefrichter des Irans sowie Mitglied der von Khomeini beauftragten Sonderkommission zu Massenhinrichtung der politischen Gefangenen im Jahre 1988, um nur einige zu nennen. Diese sind die Gremien, in denen über die Sicherheitsaspekte und die Politik innerhalb und außerhalb Irans entschieden wird.

Auf der anderen Seite erleben wir folgende Geschehnisse in den letzten 40 Jahren im Iran: schwere Repression von Bahais, Dissidenten und Andersdenkenden unterschiedlicher politischer Richtungen und Glauben, deren Vernichtung entweder durch Hinrichtung oder Tortur, unerbittliche Folter in iranischen politischen Gefängnissen, Errichtung der 2-3 minütigen und in Abwesenheit von Anwälten durchgeführten Gerichtsverhandlungen durch die o.g. Sonderkommission für die bereits verurteilten politischen Gefangenen im Jahre 1988, die letztlich zu ihrer Massenhinrichtung und Beisetzung in Massengräbern im ganzen Iran führte, Serienmorde an und Verschleppung von Intellektuellen und Dissidenten innerhalb und außerhalb Irans, Unterdrückung der städtischen Aufständischen, Verwehren der Rede,- Presse,- Organisations- und Versammlungsfreiheit, Unterdrückung der Homosexuellen, Vorenthaltung des Corona Impfstoffs, Abschuss eines ukrainischen Flugzeuges, Festnahmen von IranerInnen mit doppelter Staatsbürgerschaft im Iran, Freikauf von iranischen Pro-Regierung-AktivistInnen im Austausch gegen verhaftete ausländische BürgerInnen im Iran, Einsatz von Geiselnahme als Druckmittel in der Außenpolitik, etc. Dies sind faktisch die Ergebnisse der getroffenen Entscheidungen in den o.g. Sicherheitsgremien Irans. Insofern ist er mitverantwortlich für diese Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen.

Raisi gilt seit 03. August als Präsident und erste Person der Exekutivgewalt Irans. In dieser Zeit ist der Aufstand der Menschen gegen den Wassermangel in der Stadt Isfahan unterdrückt worden. Er ist immer ein großer Unterstützer der wirtschaftlichen Pläne des harten Kerns des Machtapparats gewesen, die bisher faktisch zur Erweiterung der Korruption, Geldwäsche, Gold- und Drogenhandel inner- und außerhalb Irans geführt haben. Infolgedessen hat der FATF den Iran auf seine schwarzeListe gesetzt.

Diese und auch seine persönliche Position in Astan-e Quds-e Razavi machen ihn ebenfalls mitverantwortlich für die Verbreitung der Armut und den Anstieg der Inflation im Lande als einen anderen Aspekt der Menschenrechtsverletzung im Iran. Astan-e Qods-e Razavi ist die größte Stiftung und der größte Grundbesitzer Irans. Ihr gehören mehrere Banken, Fabriken, Firmen, Hotels, Läden, Museen, Bibliotheken und weitere Institutionen. Sie agiert wie ein steuerbefreiter Großkonzern und besitzt 700 ha Land, die Freihandelszone Sarachs sowie unzählige Printmedien, Wirtschafts-, Gesundheits, Sozial-, Kultur und Bildungsinstitute.

Von diesem ganzen Reichtum profitieren nicht die Iraner und Iranerinnen in ihrem Alltag. Nach offiziellen Angaben leben 40% von ihnen zurzeit unter der Armutsgrenze. Es fließen Milliarden Dollar davon an das Imperium von Khamenei und an Qods-Armee zur finanziellen und militärischen Unterstützung der pro iranischen Kräfte und zur Herbeiführung und Intensivierung von 5 Kriegen in den Ländern der Region und infolgedessen Destabilisierung und Zerstörung von deren Infrastruktur.

Da im heutigen theokratischen Iran das Prinzip der Gewaltenteilung nicht gilt, hat Raisi in den letzten 40 Jahren gleichzeitig in judikativen, exekutiven, religiösen, politischen und medialen Ämtern agiert. Insofern hat er eine große Verantwortung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Misere des Landes, für die aggressive Rolle der Islamischen Republik Iran in der Region, aber mehr als alle anderen Themen, für die Verletzung der Menschenrechte in politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen im Iran.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Afsar Sattari
9.12.2021, Köln

Statement von Ulrike Becker

Die Menschenrechtsverletzungen im Iran betreffen die gesamte Bevölkerung. Sie sind so grausam, so alltäglich und so allgegenwärtig, dass man diese Verbrechen und Schrecken eigentlich nicht adäquat darstellen kann. Es ist jedoch wichtig, es zu versuchen.

Welche Bedeutung die Aufmerksamkeit und Solidarität von außen mit den Menschen im Iran hat, beschrieb kürzlich die Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi. "Folter, Hinrichtungen und lange Haftstrafen sind Alltag in iranischen Gefängnissen“, schrieb Mohammadi auf Instagram. „Aber immer, wenn der Druck der Aktivisten von außen und im Inneren hoch ist, werden die Repressionen geringer. Das habe ich im Gefängnis selbst erlebt."

Wir bitten also auch die Presse: Schauen Sie hin und berichten Sie über die Repressionen im Iran, und stellen auch Sie sich an die Seite der Menschen im Iran.

In der Islamischen Republik Iran kann ein nichtiger Anlass der Grund sein für eine Verhaftung, für Folter, auch für eine Hinrichtung. Im Oktober diesen Jahres wurde beispielsweise ein Mann zu zehn Monaten Gefängnis und 40 Peitschenhieben verurteilt, weil er drei Tüten Cashew Nüsse geklaut hatte.

Mehr als 100 Vergehen können im Iran mit der Auspeitschung bestraft werden. Dazu gehören Diebstahl, Alkoholkonsum, Küssen in der Öffentlichkeit, und sexuelle Beziehungen zwischen unverheirateten Männern und Frauen. Auf homosexuelle Handlungen steht die Todesstrafe.

Die Unterdrückung der Frauen ist das besondere Kennzeichen der Islamischen Republik. Sie gehört zum ideologischen Kern des Regimes. Schon in der Verfassung ist die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern festgelegt. Das tägliche Leben von Frauen ist bis in intimsten Aspekte streng reglementiert. Wir kennen alle die strenge Kleiderordnung und den Kopftuchzwang, aber das ist nur ein Teil der Unfreiheit. Jegliche Selbstbestimmung von Frauen ist unmöglich.

Dies zeigt zum Beispiel die Praxis der Kinderehe. 2002 wurde das Heiratsalter für Mädchen zwar auf 13 Jahre festgesetzt, dennoch ist die Heirat jüngerer Mädchen weiterhin möglich.  In ländlichen Regionen ist jedes fünfte Mädchen im Alter zwischen 10 und 19 Jahren verheiratet.  15.000 Mädchen, die jünger als vierzehn Jahre waren, haben in den letzten 10 Jahren Kinder geboren. Diese Mädchen werden vergewaltigt, sie bekommen außerdem keine Schulausbildung und müssen oft in Armut leben. Ihre Jugend und jegliche Selbstbestimmung wird ihnen geraubt. 

Wegen dieser Verhältnisse stehen Frauen seit Bestehen der Islamischen Republik an der Spitze der Protestbewegung. Der Kampf gegen Frauenunterdrückung, gegen Kopftuchzwang und Hijab ist zum Symbol des Widerstands gegen das Regime als Ganzes geworden.

Die Frauen, die um ihre Rechte kämpfen, werden als Staatsfeindinnen angesehen. Mehr als 500 Frauenrechtsaktivistinnen sind zur Zeit in Haft. 

Diese inhaftierten Frauen kämpften mit friedlichem Aktivismus für eine gerechte, gleichberechtigte Zukunft im Iran. Sie organisieren Proteste und Mahnwachen, demonstrieren gegen den Schleierzwang oder äußerten sich in sozialen Medien. Sie bekommen drakonische Strafen für friedliche Proteste. So wurde zum Beispiel Azam Jangravi zu drei Jahren Haft verurteilt, als sie 2018 ihren Schleier öffentlich ablegte.  Der Vorwurf gegen sie lautete „Anstiftung zu Korruption und Prostitution“.

Saba Kord Afshari wurde zwei Jahre später sogar zu 24 Jahren Haft verurteilt, nachdem sie ihren Schleier in der Öffentlichkeit abgelegt hatte.  Weil sie kein Geständnis ablegen wollte, verhaftete der Geheimdienst ihre Mutter, um den Druck auf sie zu erhöhen. 

Die absurd hohen Strafen gegen bekannte Frauenrechtsaktivistinnen zeigen, dass der Kampf um die Rechte von Frauen als Bedrohung des Systems angesehen wird.

Trotz der massiven Repression, den Peitschenhieben, Vergewaltigungen und Schlägen, den willkürlichen Prozessen und Hinrichtungen sind die Proteste der Frauen im Iran nicht zu stoppen. Doch obwohl die Frauen so eine ungeheure Stärke besitzen, brauchen sie dennoch unsere Aufmerksamkeit, unsere Solidarität, Unterstützung und auch konkrete politische Hilfe – von der Zivilgesellschaft in Deutschland wie auch von der Bundesregierung.